Lieber Beitragsservice,

Offener Brief an den Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio

ich schreibe diesen Brief, damit ihn andere lesen,
… unter anderem Betroffene, denn inzwischen ist die Zahl derer, die mit Euch in sinnlosen Kontakt gezwungen werden, auf Tausende angewachsen. Ihr seid zu einer Beschäftigungstherapie für die Verbraucherzentrale, Gerichtsvollzieher und Finanzämter geworden. Sämtliche dieser Institutionen kennen Eure Vorgehensweise und sind in ungerechtfertigten Fällen auch längst nicht mehr bereit tätig zu werden. Euch als „Service“ – hüstel – interessiert trotz alledem nur das wiederholte Versenden auch unberechtigter Forderungen in Form von Mahnungen, die jeder Grundlage entbehren.

In mich investiert Ihr seit über 12 Jahren Unmengen in sinnloses Porto und Papier, das wiederum ich auch noch mit meinem Rundfunkbeitrag finanziere.

Meine persönliche „Brieffreundschaft“ mit Euch wurde längst von meinem Anwalt übernommen; was Euch nicht daran hindert mir immer wieder mal so sinnige Formulierungen wie „Wir hatten Ratenzahlung vereinbart…“ zu schicken. Wozu? Meinen Rundfunkbeitrag erhaltet ihr in der gewünschten Form, nun nicht mehr monatlich, sondern alle drei Monate per Dauerauftrag – seit Januar 2013 lückenlos.

400 Euro Forderungen trotz vollständiger Zahlungen

Inzwischen sind aus Eurem Briefterror, der noch auf die Zeit vor der Einführung des Haushaltsbeitrags zurückgeht, ein Volumen von angeblich zu zahlenden 400 Euro Maximum entstanden. Die Zahlen schwanken allerdings von Schreiben zu Schreiben. Der Stehsatz bleibt: „Wir hatten Ratenzahlung vereinbart…“ Nein, hatten wir nie und werden es auch nicht.

Die Summe kommt dadurch zustande, dass nach jeweiligem Nachweis der getätigten Zahlungen die darin enthaltene Mahngebühr nicht wieder abgezogen wird, obwohl der Zahlungsgrund längst entfallen war.

Es ist bekannt, dass ich bin nicht die Einzige bin. Jeder Fall ist ein bisschen anders und doch in einem Aspekt deckungsgleich: Trotz Nachweis der erfolgten Zahlungen wird an der nichtigen Forderung festgehalten. In der Privatwirtschaft würde dies unter Umständen auf kriminelles, ja eventuell auch mafiöses Gebaren zurückgeführt.

Zu Zeiten der guten alten GEZ

Mein spezifischer Fall sieht so aus: Ich bin die, die keinen Fernseher hatte und hat. Und die vor der Einführung des Haushaltsbeitrags 2013 nur bereit war den Beitrag fürs Radio zu bezahlen. In solchen Fällen kommt die – wie sie damals hieß – GEZ aber nicht zu Hause vorbei, um das aufzuklären; auch nicht auf Aufforderung und explizite Einladung. Durch Fernbleiben konnte man zu dieser Zeit einen unbegründeten Anspruch aufrechterhalten. Statt eines Besuchs der oft Gefürchteten, von mir jedoch Erwünschten, erhielt ich schließlich die Aufforderung den Verkauf oder die Vernichtung „meines“ Fernsehgerätes nachzuweisen. Schwierig für jemanden, die keinen hatte. Damals hätte noch Gelegenheit für einen Hausbesuch bestanden, um die Nichtexistenz eines solchen Gerätes zu überprüfen. Heute ist das freilich irrelevant.

Als ich 2013 mit der Einführung des Haushaltsbeitrags auf Selbstzahlung bestand und natürlich seither – auch ohne Besitz eines Fernsehers – meinen Betrag per Dauerauftrag komplett bezahle, sollte ich zur Ausstellung einer SEPA-Erklärung genötigt werden; die ich natürlich nicht erteile. Aus gutem Grund und bestätigt durch unsere „Brieffreundschaft“ traue ich Euch nicht über den Weg. Denn, um es nochmal zu betonen: „Nein, wir hatten niemals „Ratenzahlung vereinbart“…

Erfahrungen mit dem Beitragsservice in NRW

Meine Erfahrung als Betreuerin einer erkrankten Verwandten in meiner alten Heimat, der man trotz Schwerbehinderung erst keine Minderung gewährte, nach einem Jahr dann doch einräumte, dass es diesen Minderungsanspruch gibt und ihn ohne Rückerstattung der zu viel entrichteten Beiträge dann gewährte, bestätigt mich in dem Entschluss mich vor Euch schützen zu müssen.

Bisher kann ich keinen Unterschied im Gebaren der Beitragsservices in den einzelnen Bundesländern, in die es mich beruflich verschllug, erkennen und kultiviere und empfehle Misstrauen.

Mahnung und Vollstreckung aus einer Hand

Mehrere Pfändungsversuche sind gescheitert, weil auch die Gerichtsvollzieher (s. Interview) ob meiner Abbuchungsnachweise irritiert von Euren Forderungen waren und dann zunehmend genervt die Verfahren sämtlich einstellten… so dass ihr selbst das Vollzugsrecht erhieltet und nun unbescholtene Bürger wie mich unbehelligt terrorisieren könnt, ohne eine kontrollierende Instanz, die dem Einhalt gebieten würde. Immerhin beschert mir die Pfändungsandrohung eine privilegierte anwaltliche Betreuung, die inzwischen ebenso genervt ist wie ich und die beschäftigungstherapierten Gerichtsvollzieher.

Das immer wieder mal zusätzlich bemühte Finanzamt winkt schon ab, wenn ich Nachweise anbiete. Man kennt mich, weiß wie die Sache läuft und sieht keinen Anlass auf Besserung zu hoffen. Ich bin kein Einzelfall. Mich würde eine Berechnung der sinnlos verpulverten Portogebühren interessieren. Leider ist das ja kein Fall für den Bund der Steuerzahler und mal für die KEF (Wir könnten ja theoretisch stolz sein auf diese körperschaftliche Verfasstheit UNSERER Medien, wenn ja wenn… ). Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der ÖRR evaluiert nicht die eigenen Zuweisungsentscheidungen.

Da Euer Forderungsbetrag an zu zahlenden/längst entrichteten Beiträgen durch die unrechtmäßig erhobenen Mahngebühren stets weiterwuchs und trotz Zahlungen und einem immer rechtzeitig einsprechenden Anwalt vermutlich weiterwachsen wird, halte ich das Label „mafiös“ für diese Praxis für begründet.

Von Belästigung zu Beleidigung

Nur um es vorwegzunehmen, ich hätte auch genug Grund beleidigt zu sein. Von so einer Mafia dauerbelästigt zu werden, hat was von Zeitraub und halte ich für schadensersatzpflichtig – wobei, das ja dann auch wiederum vom Rundfunkbeitrag verloren ginge, der ja für die Erfüllung des Programmauftrags sein sollte. Und da mein Anwalt noch keine Rechtshabe gefunden hat, um dieses Beitrags-Stalking zu beenden, schaffe ich es vielleicht mit einer Beleidigungsklage von Eurer Seite, damit ein deutsches Gericht diesen Sachverhalt endlich einmal unabhängig prüft. Auch deshalb dieser offene Brief mit meiner Ankündigung, Euch ab sofort öffentlich als „Beitragsmafia“ zu bezeichnen.

Pro Rundfunkbeitrag

Ja, ich zahle Rundfunkbeitrag und setze mich sogar für dafür ein, weil ich immer noch überzeugt bin vom idealtypischen Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – obwohl der wirklich alles dafür tut, dass man diese Überzeugung aufgibt. Das Versagen bei der Erfüllung des Programmauftrags, das ich inzwischen als schmerzensgeldwürdig empfinde, ist aber hier nicht das Thema. Dafür bzw. gegen den Qualitätsverlust setze ich mich mit meinem Institut und u.a. im Kontext der Initiative Publikumsrat ein: www.publikumsrat.de, wo es übrigens schon ein nettes Interview von mir zu Eurem Mahnungsterror gibt. Hier nachzulesen: https://publikumsrat.de/2018/01/interview-sabine-schiffer-zur-zwangsvollstreckung-von-rundfunkbeitragsservice. Da ging es noch um den Bayerischen Rundfunk, nun hat Berlin Brandenburg übernommen.

Gelbe Post und rote Karte

Ich warte also auf die nächste Post und würde mich über einen gelben Umschlag sehr freuen statt des lächerlichen Standardbriefes Nr. soundso mit dem alt-bekannten Textbaustein „Wir hatten Ratenzahlung vereinbart…“.

Mit wohlwollend echauffierten Grüßen

Eure immer noch treue DLF-Hörerin

Sabine Schiffer

www.medienverantwortung.de   www.medien-meinungen.de   www.publikumsrat.de

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