Netzlogiken – ein entschiedenes Jain

Der Kommentar von Sascha Lobo, wo er den Begriff der Filterbrille einführen will, enthält einiges Wichtiges, das man sich merken sollte – und einiges, auf das man nicht hereinfallen sollte. Die sog. Filterbrille funktioniert wie die menschliche Wahrnehmung eben, die Internetalgorithmen verstärken dies: Wiederholung wird als Mittel der Überzeugung wahrgenommen, Erwartetes ungeprüft geglaubt, und – ganz wichtig – Reaktion als Relevanzindikator interpretiert. Letzteres geht in Lobos Beitrag fast unter, ist aber zentral für aktuelle Debatten und Medienreflexe: KEINE Reaktion reduziert die Wirkung von vermeintlichen Clous, Zustimmung und Ablehnung – also Formen des Ernstnehmens – wirken IMMER als Verstärker (sic!). Auch hier Erkenntnisse aus der Kognition.

Problematisch an dem Beitrag ist die Lobhudelei auf Bellincat, das ja bereits vom Spiegel selbst in der MH17-Affäre als nicht ganz so neutrale Plattform – um nicht zu sagen manipulatives Tool – erkannt wurde. In Lobos Kolumne fehlt jeder kritische Hinweis auf oder Erinnerung an die unrühmliche Rolle, die Bellingcat damals in der Behauptung von Bildfälschungen gespielt hat. Dabei könnte es sich hier durchaus um einen Versuch handeln, sich als internetkompetente Plattform wieder breiter ins Spiel zu bringen, um zu sehen, was man später alles noch so platzieren kann – ganz in der Logik unseres in der Tat tückischen Gehins: Wiederholen ist Überzeugen.

vgl. etwa: http://www.spiegel.de/politik/ausland/mh17-satellitenbilder-bellingcat-betreibt-kaffeesatzleserei-a-1036874.html & http://www.spiegel.de/politik/ausland/bellingcat-autor-war-hauptamtlicher-stasi-mitarbeiter-a-1037297.html

Dennoch lesenswerter Beitrag – möglichst mitohne eigener Filterbrille!

Sabine Schiffer

Radikalisierung im Netz: Weltsicht durch die Filterbrille – SPIEGEL ONLINE – Netzwelt

Radikalisierung im Netz: Weltsicht durch die Filterbrille – SPIEGEL ONLINE – Netzwelt

Im Netz sehen manche die Welt anders als andere – durch eine Filterbrille. Setzt man diese Brille auf, ist plötzlich alles klar: Die Juden sind schuld. Oder die Frauen. Oder die Flüchtlinge. Und das Gehirn fällt auf diesen Unfug rein.

Weiterlesen: www.spiegel.de/netzwelt/web/radikalisierung-im-netz-weltsicht-durch-die-filterbrille-a-1233736.html

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